Weil ich es mir wert bin!

Trotz aller Demonstrationen gibt es weiterhin massiven Widerstand gegen effektiven Klimaschutz. Warum fällt es so vielen Menschen so schwer, die kommende Klimakatastrophe als solche anzuerkennen und entsprechend zu reagieren? 

 

In zwei Workshops habe ich mit den TeilnehmerInnen diese Frage bearbeitet. Dabei kamen die folgenden vier Hauptgründe zu Tage:

  1. Bequemlichkeit und Gewohnheiten
  2. Mangelndes Bewusstsein / Separation Individuum - Gesellschaft
  3. Überforderung durch Komplexität
  4. Anspruchhaltung ("Mir steht das zu!")

Erstaunliche Gründe zum Nichtstun! Dabei hat sich die Jugend innerhalb weniger Monate tief genug in die Thematik eingearbeitet, um zu verstehen, dass ein unbegrenzter Klimawandel unser Überleben gefährdet. Innerhalb weniger Monate haben viele dieser jungen Menschen ihr Leben umgekrempelt, um sich den neuen Bedingungen anzupassen. Sie verstehen sich als Teil der Gesellschaft, die essentiell zum raschen Umsteuern beitragen muss. Sie nehmen Verantwortung für das, was die ältere Generation ihnen vermasselt hat, auch wenn ihnen eine unbeschwerte Jugend "zusteht".

 

Aber die ältere Generation versteht nach jahrelangem Informationsfluss meist immer noch nicht, was der Klimwandel bedeutet und was unser aller Verantwortung dabei ist. Dieser Mangel an Verständnis und Verantwortungsgefühl ist erstaunlich; und im Grunde nicht glaubhaft.

 

Komplexität, mangelndes Bewusstsein, Anspruchhaltung ... diese Argumente sind doch vor allem als Ausreden zum Nichtstun. Denn viele Menschen sind einfach zu faul und zu sehr auf das eigene begrenzte persönliche Umfeld bezogen, als dass ihnen unser aller Zukunft interessiert. Ihnen selbst geht es ja gut. Noch.

 

Aber, und hier kommt der Knackpunkt: Allein aus Bequemlichkeit und aus Egoismus sollten wir alles tun, um das Klima zu schützen! Denn alle Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen, um eine Klimakatastrophe hoffentlich noch aufzuhalten, sind ein Kinkerlitzchen im Vergleich zu dem, was auf die Menschheit zukommt, wenn wir nichts tun.

 

Konsum reduzieren, auf Bahn und Rad (wo es möglich ist) umsteigen, auf Flüge  verzichten, Gegenstände teilen, Kaputtes reparieren, Finanzen nachhaltig anlegen, Strom, Wärme und Warmwasser sparen und die Ernährung auf ökologische und regionale Lebensmittel weitgehend begrenzen ... das sind alles Maßnahmen, die unsere wichtigsten Glücksgüter (Gesundheit, Staunen, Liebe, Schönheit, Geborgenheit, Freundschaft und vieles mehr) nicht reduzieren.

 

Aber wenn aus Faulheit und kurzsichtigem Egoismus nichts oder zu wenig getan wird, dann sind die Folgen katastrophal. Und Vieles, was unser tiefstes Glück beinhaltet, wird zerstört werden.

 

Denn wenn erst mal klimatische Kipp-Punkte überschritten werden, dann erwärmt sich die Erdoberfläche immer weiter. Dadurch schmelzen Gletscher und Eiskappen, der Meeresspiegel steigt (eventuell über einen Meter bis zum Jahr 2100), die Küsten unseres Planeten werden überschwemmt, Inselstaaten versinken im Meer. Gleichzeitig breiten sich Dürreregionen aus, Wildfeuer zerstören Landwirtschaft, Siedlungen und Natur, Überflutungen nach Starkregen zerstören Städte, Bergrutsche vergraben Dörfer und Straßen, Ökosysteme kollabieren und versteppen, u. v. m. ...Die Folge sind Hunderte von Millionen von Menschen, Klimaflüchtlinge, auf der Suche nach einem Ort, wo sie überleben können. Aggressionen untereinander, zwischen Völkern und Staaten, Ausgrenzung, Absicherung und Verteidigung von Grenzen (Krieg) folgen.

 

Effektive Klimaschutzmaßnahmen heute sind daher um ein Vielfaches weniger unbequem als die Konsequenzen des Nichtstuns.

 

Daher bin ich es mir und meinem Leben wert, alles zu tun, um eine Klimakatatstrophe aufzuhalten. Nicht "nur" für meine Kinder. Nicht "nur" für die Eisbären. Nicht "nur" für die Menschen in Bangladesch. Sondern vor allem auch für mich.

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Kommentare: 7
  • #1

    Raphael M. (Montag, 23 September 2019 20:16)

    Das sind wichtige und interessante Gedanken zu einem überlebenswichtigen Thema. Vielen Dank dafür. Ich bin froh, dass uns die Jugend Dampf unterm Hintern macht!

  • #2

    Antje (Mittwoch, 25 September 2019 19:47)

    Auch ich bin froh, dass die Diskussion endlich in der Öffentlichkeit angekommen ist - wenn auch (noch) nicht hinreichend bei denen, die keine Lust haben, sich umzustellen. Oder sich überhaupt erst einmal richtig zu informieren. Wir müssen uns alle überlegen, wie wir unsere Gewohnheiten und Bequemlichkeiten in Richtung besserer Klimaverträglichkeit ändern können und die Verantwortung nicht anderen überlassen.

  • #3

    Konrad (Freitag, 27 September 2019 11:13)

    danke für die Gedanken. Ich verstehe die Leute, die nicht von heute auf morgen ihr ganzes Leben komplett umstellen können, aber jeder kann nach seinen Möglichkeiten einen Schritt nach dem anderen tun, dabei aber nicht nachlassen, sich täglich zu bemühen. Es gibt so viele Dinge, die nicht wehtun: Konsumverhalten überdenken und ändern, Bahnfahren, Recyclingpapier verwenden, weniger Fleisch essen, Bioprodukte kaufen, keine Filme streamen (braucht wahnsinnig viel Energie!), Suchmaschine Ecosia verwenden usw.....

  • #4

    Katrin Vohland (Freitag, 27 September 2019 12:28)

    Spanned, dass Ihr das so herausbekommen habt. Ich denke auch, dass Bequemlichkeit und Überforderung wichtige Gründe sind, auch zum Beispiel auf Natur etc.
    Also - kultureller Wandel und bessere Politik; war gerade bei der DBU - FCKW sind ein schönes Beispiel erfolgreicher Umweltpolitik - sie wurden verboten, und das Ozonloch schießt sich wieder.

  • #5

    Klaus von Birgelen (Freitag, 27 September 2019 16:48)

    4 Fragen:
    1) Gibt es seit dem FCKW-verbot keine Kühlschränke mehr?
    2) Seit dem Asbest-Verbot: brennen täglich unsere Häuser ab?
    3) Zigaretten werden entsprechend ihrer Schädlichkeit immer höher besteuert: Sie wurden absichtlich auf inzwischen 8 Euro verteuert, es wird weniger geraucht. Dampfer gehören ebenso besteuert.
    4) Fährt niemand mehr in unsere Nachbarländer, da es dort Tempolimits hat? - in Schweden Vision Zero (keine Verkehrstoten)
    FAZIT: Die allermeisten VERBOTE nutzen mehr als sie schaden.
    => So ist es wohl bei der Klimarettung: Freiwilligkeit reicht nicht. ALLE MÜSSEN läuft.
    Also keine Angst vor einer Umsteuerung auch mit "Verboten" = Klare Regeländerungen und Limits . Dann entstehen neue klimafreundliche Lösung.
    Gefährlich ist die Ignoranz der GroKo, die die Menschheit jeden Tag weiter ins Klima-CHAOS reinreitet.

  • #6

    Maiken (Samstag, 28 September 2019 21:35)

    Ja, darüber sollten wir viel klarer und ehrlicher reden. Ohne Verbote werden wir es nicht rechtzeitig schaffen. Es ist ja jetzt schon sehr unwahrscheinlich, dass wir noch die Kurve kriegen. Gutes Beispiel von weiteren erfolgreichen Verboten: Nichtraucherschutz und Anschnallpflicht. Beide waren auch heiß umkämpft und gehasst - und sind heute absolute Normalität.
    Bis wir die Transformation geschafft haben brauchen wir Fokus auf Dinge, die die Wende ermöglichen; und Verbote der Dinge, die helfen, uns zu zerstören. Also Verbote von Neuwagen mit fossilen Energien ab 2022; Verbot vom Bau von Einfamilienhäusern (egal ob Passivhaus oder nicht - alles zerstören Natur); Moratorium auf den Neubau von Straßen; Verbot vom Einbau von Ölheizungen ab sofort,...na ja, und vieles mehr. Wäre machbar. Viel machbarer als ein Leben in der Klimakatastrophe. Die Forderungen von F4F sind da im Grunde noch zu langsam.

  • #7

    Michael (Sonntag, 29 September 2019 09:21)

    Doppelt so viele Tote durch Verkehrs-Emissionen wie durch Unfälle , 7000- 13000 Tote:
    Das wird so veranschlagt als Tribut der Luftverschmutzung in Deutschland allein durch den Verkehr =>
    1) https://www.mpg.de/9404032/sterberate-luftverschmutzung-todesfaelle
    2) https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/faktencheck-das-ist-dran-an-der-zahl-der-abgas-toten-in-deutschland-a-1255358.html
    Auf ein paar Lebenstage kann man verzichten, ok, gravierender sind nach meinem Geschmack ungesunde Faktore, denen man sich nicht entziehen kann. Das Nichtraucher-Gesetz wurde in Bayern nach Jahrzehnten in Bayern durchgesetzt, und zwar über das Engagement kleiner Gruppen. D.h. Leben und Gesundheit sind nicht per se eine Priorität, weder in der persönlichen Lebensführung noch in der Politik. In politischen Verlautbarungen tritt das offen zutage: Ein deutscher Arbeitsplatz ist implizit allemal mehr wert als 10 (100,1000..) ausländische Leben oder auch das Überleben der Menschheit. Das ist diese schwer zu verdauende Schere zwischen Wissen um die Konsequenzen der Politik (oder des individuellen Handelns) und der unmittelbaren Relevanz. "Wenn ich jetzt rauche, krieg ich meinen Krebs in 20 Jahren- morgen höre ich auf..)"
    Bedeutsam ist auch die anschauliche Präsenz der Gefahr: Alle haben Angst vor Krebs (Glyphosat mag die Lanschaft veröden lassen, ok, aber ein Krebsrestrisiko ist untragbar), für die vor der Klimakatastrophe brauchte es offenbar die geistige Beweglicheit der Jugend. Die Folge einstweilen für die Politik: Unverbindlichkeit. Wo gab es das sonst, daß die BRD Verträge einfach nicht einhielt?