Die Wende beginnt beim Einzelnen

Herbstweg. Foto: Maiken Winter
Herbstweg. Foto: Maiken Winter

Ein offener Brief an jemanden, der über seine Arbeit eine Firma unterstützt, die ein wichtiges Sprachrohr für Rechtspopulisten und Klimaleugner ist. 

"Welcher Weg ist gut für mich?" Das macht jeder für sich selbst aus. Angesichts der Weltlage wäre es aber sinnvoll, auch zu fragen: "Welcher Weg ist am besten für mich UND für meine Mitwelt?"

Mit der Hoffnung, dass sich auch andere Menschen angesprochen fühlen und darüber nachdenken, ob das, was sie tun, hilfreich für ihre Mitwelt ist und wen oder was sie durch ihr Handeln unterstützen.

Lieber Freund,

 

Du kannst einem Kunden nicht kündigen, der eindeutig rechtspopulistisch ist und gegen Klimaaktivisten hetzt. Das ist schade, denn es scheint dabei so, als wären Werte und Verantwortung nicht so wichtig wie persönlicher Profit. Vielleicht kann dich dieser Brief motivieren, deine Haltung zu überdenken. Dabei geht es mir natürlich um dich - aber auch um alle anderen Menschen, die aus Gewohnheit Profit vor andere Anliegen stellen.

 

Du stehst ja für viele positive Dinge – Ökostrom, ökologische Landwirtschaft, regionale Ernährung, u. v. m. Wie kann es dir dann gleichzeitig egal sein, was und wen du über deine Arbeit unterstützst?

 

Wir alle leben inkonsequent, das stimmt. Aber es gibt Unterschiede in den Ausmaßen der Inkonsequenz. Vor einigen Jahren haben wir die Dringlichkeit des Handelns noch nicht wirklich verstanden. Heute wissen wir, wie gefährlich nahe wir an klimatischen Kipp-Punkten stehen – bzw. eventuell schon einige überschritten haben. Das Dumme ist...wir haben sehr wenig Zeit. Wir müssen große, klare, mutige Schritte wagen. Wir sollten zu dem stehen, was uns wirklich wichtig ist – und Dinge loslassen, die weniger wichtig sind. Und wir sollten überdenken, was und wen wir durch unser Handeln unterstützen.

 

Die Wende beginnt beim Einzelnen.

Dann haben wir noch eine Chance, eine globale Katastrophe zu vermeiden.
Doch wenn Geld wichtiger ist als das, was man selbst für gutheißt,

dann haben wir verloren.

 

Du liebst doch auch die Berge, die Gletscher, die Sandstrände, deine Kinder. All das zu erhalten – ist es das nicht wert, dafür deinen Profit und den deiner Firma zurückzufahren, um zu helfen, das zu bewahren was wirklich wichtig ist?

 

Du machst es dir einfach, einfach aufzugeben, „Weil wir es ja eh nicht schaffen.“ Wenn alle so denken und handeln würden, ja, dann wäre es tatsächlich zu spät. Aber wir können, wir müssen es schaffen! Die Alternative ist nicht akzeptabel.

 

Meine Frage ist: Was braucht es, um jemanden wie dich davon zu überzeugen, dass auch du wichtig bist für die große Transformation der Gesellschaft? Was könnte dich bewegen, mehr beizutragen und auch kurzfristige Profitverluste hinzunehmen? Wie kann man dich begeistern, mitzuhelfen, die Wende hin zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft gerade noch zu schaffen? Hin zu einer Gesellschaft, in der dem Einzelnen das Wohl der gesamten Mitwelt wichtiger ist als persönlicher Profit; einer Gesellschaft, in der wir uns täglich an kleinen Dingen freuen und zuversichtlich in die Zukunft sehen können. Klar ist das ein optimistischer Traum; aber er wäre machbar. Und wunderschön.

 

Vielleicht hinkt der Vergleich...aber ich finde trotzdem, dass er passt:
Statt zu versuchen, die Titanic zu retten, hätten der Kapitän und seine Mannschaft auch mit Volldampf auf den Eisberg fahren können und die letzten Minuten seelenruhig noch einen Champagner trinken können. So und so sind viele Menschen gestorben – und die Crew hat noch dazu Stress gehabt. Massiven Stress. Für sie hat sich ihr Einsatz nicht  gelohnt. Für die geretteten Passagiere und deren Nachkommen aber schon.

 

Herzliche Grüße,

Maiken

Kommentar schreiben

Kommentare: 0