Kompensieren - Ablasshandel oder wichtiger Beitrag zum Klimaschutz?

Jeder spricht vom Klimawandel und von der Dringlichkeit etwas zu tun. Aber was wird konkret getan? Wie viel CO2 sparen diejenigen Menschen, die über Klimaschutz reden, eigentlich selbst ein? Und wie viele Menschen werden durch "Klima-Aktivisten" motiviert, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren?

 

Michael Bilharz geht das ganze Gerede gehörig auf die Nerven. Er macht einfach. Und er hat dafür u. a. die "Klimawette" initiiert. Dabei gilt es, bis zur Klimakonferenz im Herbst 1 Million Menschen dazu zu bringen, 1 Million Tonnen CO2 einzusparen - indem sie an Projekte spenden, die anderen Menschen ein fossil-reduzierteres Leben ermöglichen.

 

Der Haupt-Kritikpunkt, der Bilharz dabei entgegenschlägt ist: "Ablasshandel! Die Leute kaufen sich frei und tun danach nichts, um ihren eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Im Grunde wird dadurch ermöglicht, dass wohlhabendere Leute guten Gewissens CO2 ausstoßen können, statt ihren Lebensstil grundsätzlich zu ändern."

 

Zu diesem Vorwurf äußert sich Bilharz sehr deutlich:

"Dieser Hauptkritikpunkt ist billig und zeigt v.a. eines: Dass viele Leute nicht bereit sind, sich auf eine rationale, wissensbasierte Diskussion einzulassen. Stattdessen wollen sie auf ihren Glaubenssätzen sitzen bleiben. Das ist so, als würde man mit einem Paddelboot auf einen Wasserfall zutreiben und es ablehnen, sich an einem kleinen herausragenden Felsen festzuhalten, der einem Zeit zum Verschnaufen gibt, weil dann ja die Gefahr bestünde, dass die Leute nicht mehr paddeln würden.

 

Freiwillige CO2-Kompensationszahlungen durch Privatpersonen sind de facto Spenden für Klimaschutzprojekte. Für Spenden sollte man aber niemals ein „Limit“ setzen wollen. Das wäre absurd. Und Spenden sind dann gut, wenn die Projekte, die damit finanziert werden, gut sind. Wie bei allen „grünen Produkten“ müssen wir natürlich auch bei der CO2-Kompensation Qualität garantieren. Die finanzierten Projekte müssen also tatsächlich die angegebene Menge an CO2 einsparen.

 

Die Motivation der Spender*innen ist dabei grundsätzlich erst einmal zweitrangig, da sie im Wesentlichen subjektiv ist. Man kann Spenden im Hinblick auf die Motivation natürlich immer hinterfragen. Aber es wäre mir neu, dass Hilfsorganisationen z.B. beim Spendensammeln für Flüchtlingscamps in Griechenland nur Spenden von Personen annehmen, die sich auch Privat für Völkerverständigung und Bleiberecht für Asylbewerber einsetzen.

 

Der Mechanismus der freiwilligen Kompensation verknüpft eine Motivation - klimafreundlicher zu leben. Dies ist möglich, weil es hierfür inzwischen sehr detaillierte Berechnungsstandards zur Quantifizierung der Minderungswirkung von Projekten gibt.

 

Für die weit verbreitete Annahme und Befürchtung, dass Menschen, die kompensieren, sich weniger beim CO2-Sparen anstrengen, gibt es weder empirische noch logische Belege. Das Gegenteil ist der Fall: Spenden reduzieren das verfügbare Einkommen. Das verfügbare Einkommen wiederum ist aber die zentrale Determinante für die Höhe der persönlichen CO2-Emissionen. Siehe u.a. die repräsentative UBA-Studie zu den Pro-Kopf-CO2-Emissionen in Deutschland.

 

Umgekehrt gibt es empirische Belege, dass Menschen, die im Privaten bewusst CO2-Einsparen, gar keinen unterdurchschnittlichen Fußabdruck haben (gleiche Studie). In dieser Studie konnten wir sogar einen gegenläufigen Effekt statistisch feststellen: Je höher das Umweltbewusstsein, desto höher die CO2-Emissionen, selbst wenn man die Variable Einkommen kontrolliert. Eine plausible Erklärung hierzu ist: Umweltbewusste Menschen sind reisefreudiger und „weltoffener“ mit höherem Bildungsstand und haben deshalb ein weiter verstreutes soziales Umfeld.

 

Es hilft deshalb der Sache nicht, wenn man eine auf Hypothesen aufbauende Angst vor der Kompensation aufbaut und gleichzeitig die bisher geringe Wirksamkeit von privaten CO2-Sparmaßnahmen schön redet. Hier hilft nur der Blick auf die Big Points. Und das heißt, dass wir z.B. über Tonnen und nicht über Kilogramm CO2-Einsparungen reden müssen."

 

Tatsächlich ist effektiver Klimaschutz so dringend, dass wir alle Hebel nutzen sollten, um unsere Emissionen zu senken. Ich zumindest habe nach intensiver Diskussion mit Michael Bilharz meine Emisisonen "ausgeglichen." Denn auf jeden Fall leisten die Projekte, die dadurch gefördert werden, einen positiven Beitrag zum Klimaschutz. Und zusätzlich kann und sollte man sowieso weiterhin alles tun, um selbst möglichst wenig Treibhausgase zu emittieren, und um politisch möglichst viel Druck zu machen.

 

Insofern - viel Freude beim Spenden - und beim aktiven Ändern eures Lebensstils! ;)

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